Also, wenn ich mit der Rollei 35 rumlaufe und Leute fotografiere, werden die wohl kein Beiwerk sein, auch nicht unbedingt Teil bzw. Träger zeitgeschichtlicher Ereignisse oder Teilnehmende an Demonstrationen usw., sodann wird auch kein höheres (nachgewiesenes) Kunstinteresse bestehen und das Einverständnis wird ebenfalls nicht eingenommen worden sein.
Vielmehr wird man nah rangehen, um das weitwinkelige Bild mit Einzelpersonen zu füllen, also in die Privatspäre eingreifen, vielleicht sogar in den privaten Bereich, indem ich durch ein Gitter oder durch ein Fenster fotografiere. Man will ja die Stellung des Fotografierten ("des Menschen an sich") innerhalb einer interessanten Situation zu zeigen (Schnappschuss, am dramatischsten, wenn den Leuten sogar noch was zustößt). Außerdem wird man mit dem Bild auch kommerzielle Zwecke verfolgen wollen, was ich bei Fachfotografen einfach mal voraussetze, und wenn es nur eine Veröffentlichung ist. Da die Personen identifiziert werden können, sind diese einer eventuellen Gefährdung/Bloßstellung bei Veröffentlichung ausgesetzt.
Alles das stufen die von uns gewählten gesetzgebenden VolksvertreterInnen zurecht als justiziabel ein. Weshalb man im Bereich der Schnappschuss- und Personenfotografie ("Street") ja so gerne die fast unsichtbare Rollei 35 einsetzt. Wie auch hier im Thread schon erwähnt ...
Man sollte sich schon vor Augen halten, dass das eigene subjektive Rechtsempfinden hier durchaus mit dem vieler anderer Subjekte kollidieren kann. Früher gab's eins auf die Fresse, ich wurde mit meinem Kumpel mal vor 30 Jahren von einem 5er BMW voller Zeitgenossen nahöstlicher Provenienz durch die Innenstadt von SB verfolgt - das war ein Adrenalinkick: am Ende bettelten die Bürschlein tatsächlich um Gnade - die man uns sogar gewährte ...
Heute gibt es die DSGVO ...
Was ich nicht mittragen kann, ist, wenn man den Handyknipsern die Schuld für diese Entwicklung gibt. Erstens gab es das schon vor den Handys, und da war das alles ebenfalls strafbar, und zweitens ist es auch für die Handybenutzer strafbar. Es ist im Endeffekt egal, ob man digital oder analog unterwegs ist. Wer analog unterwegs ist, hat halt das altbekannte Filmproblem. Stellt sich einer quer, ist schlimmstenfalls der ganze Film hinüber. Wohl dem, der es einsieht, sich aufs Schlichten und Integrieren versteht und mit den Leuten menschenwürdig zu reden ider ein Bier auszugeben im Stande ist.
Aber: ist es das wert? Wenn ich mich darauf kaprizieren muss, auf der Straße Ereignisse und Menschen zu begaffen, um dann im Nachhinen den dezisiven Moment zu postulieren, der mir ja doch nur per Zufall zwischen zwei Filmstege gerutscht ist, dann ist das nicht viel. Oder um es positiv zu formulieren: GF verleiht unserem Dasein Bewußtheit im Vollzug.