Restaurierung eines Grossformat-Objektives gesucht

  • Hallo,

    Ich bin neu in diesem Forum. Ich habe zueletzt eine schöne Görlitz Stella Atelierkamera aus den 1920er Jahren erstanden. Leider ist das Objektiv stark in Mitleidenschaft gezogen. Es handelt sich dabei um ein Steinheil München Triplar-Anastigmat f3,8/Brennweite unbekannt. Der Linsen-Durchmesser beträgt ca. 10cm, die Gesamtlänge ebenfalls 10cm. Siehe Fotos im Anhang.

    Die vordere Fassung ist stark beschädigt, der Montage-Flansch hat einen Riss, die Blenden-Lamellen sind sauber aber lassen sich nicht mehr verstellen und die Linsen sind sehr staubig (evtl. Pilz)? Macht es Sinn so ein Objektiv retsaurieren zu lassen und wenn ja, wer macht so etwas?

    Danke für Tips!

    Best Grüße, Stefan

  • Hallo,

    eine tolle Kamera hast du da erstanden! Aber wenn ich mir den Zustand des Objektivs ansehe ... der Tubus geborsten, der Ring der das Frontelement hält abgebrochen ... ob das noch eine Substanz ist, die eine Restauration ermöglicht?

    Der Aufwand steht vermutlich nicht im Verhältnis zum Nutzen. Der Durchblick sieht sehr nach Pilz aus. Bei diesen alten Linsen ohne Coating kann man jedoch versuchen, dem Pilz mit Essigsäure zu Leibe zu rücken. Soweit ich es überblicken kann, ist das Triplar eine Ableitung vom Cooke-Triplet (wie das Heliar), drei Linsen, das vordere Element ist beim Triplar wohl aus 2 Elementen verkittet.

    Bei dieser Art von Objektiven ist übrigens http://www.wetplatedreams.de eine gute Anlaufstelle, bei dem ich schon viele Vor-WW2-Objektive gekauft habe.

    Grüße aus dem Schwarzwald, Euer Jens

    instagram/mk: Black Forest Tintype

  • Hallo,

    den gebrochenen Flanschring kann man nachdrehen lassen oder versuchen, einen passenden zu finden. Die Linsen dürften sich reinigen lassen. Das größte Problem wird der Fronttubus darstellen, bei dem man mindestens zwei Teile neu anfertigen lassen müsste (am besten aus Messing drehen & entsprechende Gewinde einschneiden lassen nach den beschädigten Vorlagen). Wirtschaftlich wird das für ein einfaches Triplet nicht sein, zumal dann noch die Gravur etc. fehlt. Nimm es doch erst einmal vorsichtig auseinander und schaue, welche Teile sich durch Reinigen retten lassen.

  • Es ist natürlich auch die Frage: Was willst du mit der Kamera denn machen?

    Wenn du wetplates/tintypes machen willst, brauchst du so ein Objektiv wie an der Kamera (also irgendwas um 300mm, Offenblende f4,5). Da wäre z.B das Industar 37 ein guter Preis-Leistungs-Tipp; ist ein sowjetischer Tessar-Nachbar mit sehr solider Abbildungsqualität um 150€. Und leicht! Wichtig: Solche Objektive NUR(!) mit Anschlussring kaufen!!!! Einen Flanschring drehen zu lassen kostet meist um 200€, da kriegt man schon ein komplettes Obejktiv für ...

    Wenn du aber "moderne" Fotografie auf Film machen willst, brauchst du eh ein Objektiv mit Compur/Copal/Prontor-Verschluss. Mit dem pneumatisch gesteuerten Verschluss in der Kamera wirst du da nicht weit kommen.

    Grüße aus dem Schwarzwald, Euer Jens

    instagram/mk: Black Forest Tintype

  • Noch ein Hinweis zur sehr schönen Kamera - die gehört anders herum auf das (ebenfalls sehr schöne) Stativ, damit man bei freiem Blick auf die Mattscheibe Neigung und Balgenauszug über die Kurbeln justieren kann ;)

    Ich habe ein sehr ähnliches Modell von Herbst und Firl, das konstruktiv viele Parallelen aufweist. Wahrscheinlich ein unmittelbarer Vorgänger oder Nachfolger.

    Wichtig: Solche Objektive NUR(!) mit Anschlussring kaufen!!!!

    Na ja. Das würde ich ein bisschen abmildern (ebenso wie die Aussage zum pneumatischen Verschluss). Ich habe schon viele Objektive ohne Flansch verwendet - im Zweifel eine Platine aus Sperrholz zurechtsägen und die Bohrung etwas enger ausführen. Wenn man sich dann langsam mit Schleifpapier an den Objektivdurchmesser rantastet, bekommt man mit ein bisschen Gefühl eine Passung hin, die allein über Reibung ausreichend stabil hält. Sicher nicht ideal, aber besser als bei einem Schnapper nicht zuzuschlagen, nur weil halt kein Flansch dabei ist.

    Zum Objektiv: Warum nicht mit Blick auf den ohnehin bescheidenen Zustand selbst Hand anlegen? Die Linsen(gruppen) sollten irgendwie rauszubekommen sein, etwas putzen (Essigessenz gegen Pilz wurde schon genannt) und die Lücke im Tubus irgendwie lichtdicht verdeckt. Die feste Blende kann man ja erstmal ignorieren. Im besten Fall ist es danach besser als vorher, zu verlieren ist ohnehin nichts mehr :mrgreen:

  • Im besten Fall ist es danach besser als vorher, zu verlieren ist ohnehin nichts mehr :mrgreen:

    Sehe ich auch so. Kaputter als es schon ist, wird da eh nichts gemacht. Geputzt und und den Tubus mit Isolierband zugeklebt, wird es schon ein Bild auf der Mattscheibe geben. Hat vielleicht sogar was ...

    Grüße aus dem Schwarzwald, Euer Jens

    instagram/mk: Black Forest Tintype

  • Solche Schäden zu beheben wird sicher den Wert des Objektives übersteigen.

    Übrigens ist das Triplar kein Dreilinser sondern ein Vierlinser bei dem das Kittelement vorne sitzt. Es wurde noch vor dem Tessar auf den Markt gebracht hat aber nicht die optische Leistung. Interessant ist es schon, zumal in dieser langen Brennweite.

    Wenn es mein eigenes Objektiv wäre würde ich es wieder herrichten. Es einem professionellen Mechaniker machen zu lassen wird einige hunderte von Euronen kosten. Ein Stundenlohn von etwa 75 Euros würde ich als Grundlage nehmen.

  • Mal was Anderes.
    Die Beschädigungen am Objektiv sind ja wirklich heftig.
    Das habe ich bis jetzt so, nur in Verbindung mit Zinkdruckguss und der Zinkpest gesehen.
    Aber gab es GF Objektive aus Zinkdruckguss?!
    Sollte das Teil nicht eigentlich aus Aluminium sein?

    An Kameras und Grammophonen durfte ich die unheilbare Zinkpest ja schon öfter beobachten.

  • Ich bin ja auch nicht so schlecht an der Drehmaschine.
    Aber so ein komplettes Objektiv nachbauen, das wär doch mal was.
    Ich denke 3 Arbeitstage würde ich wohl benötigen. :)

    Dann kennst du sicher tritranphotography.com; das ist glaube ich weltweit einer der wenigen handwerklich begabten Fotografen, die heutzutage noch ein komplettes Objektiv aus Messing drehen ...

    Grüße aus dem Schwarzwald, Euer Jens

    instagram/mk: Black Forest Tintype

  • Hallo, Stefan,

    so ein schönes Teil und so ein jammervoller Zustand des Objektives.

    Ich will mal laut -- hihi -- nachdenken. Eins meiner Zaubermittel, bestimmte Schäden an Plastik(auch Metall)teilen zu reparieren, ist PETEC Flüssigmetall. Damit kannst Du den Riß kleben, ich würde auch noch oben 1/2cm breit, 1mm dick Flüssigmetall als Brücke auftragen, die Klebekante allein ist viel zu schmal. Danach schwarz lackieren. Auch sehr praktisch ist die Kombination Kunstharz/Glasfasermatte für Modellbau, statt Glasfasermatte (falls zu grob) kann man auch Verbandsmull nehmen.

    Bei Bild 4 der fehlende Rand 2 x:

    Mit Wachs einen Abguss von der guten Hälfte machen, auf die Fehlerstelle drehen und die Löcher mit Kunstharz/Flüssigmetall füllen. Das gleiche dann nochmal für das ausgebrochene Stück mit dem Gewinde, die Nummern vorher mit Wachs füllen. Bei YouTube hatte ich mal ein Video gefunden, wie jemand einem Kunststoffzahnrad für seine Waschmaschine o.ä. den Abbruch ergänzt hat. Als Trennmittel eignet sich übrigens Silikonspray (NICHT Teflonspray, das ist Puder!), Du mußt nur höllisch aufpassen, daß kein Silikonspray dahin kommt, wo Flüssigmetall/Kunstharz hinsoll, das perlt dann ab.

    Die Linsen kannst Du mit Essigsäure (Essigessenz) behandeln, Phosphorsäure (Coca Cola!) geht auch, Rostlöser (auch Phosphorsäure), anfangen würde ich mit Bref Kalkreiniger oder Zitronensäure/Amidosulfonsäure (Entkalker). Jedenfalls etwas mit Säure, Pilze vertragen keine Säure. Sollte da noch etwas draufkleben (fühlen), kann man gut Zahnpasta als Poliermittel nehmen. Eine Vergütung wird es wohl nicht geben.

    Das Material für mein Vorgehen kostet keine 30,- Schleifen, anfangen würde ich mit Linsenputzen, wenn die hin sind, kannst Du Dir den Rest ohnehin sparen. Da wirst Du dann eine Weile beschäftigt sein, aber immerhin nicht mit hohen Kosten für ein Messingteil anfangen müssen. Aber zuallererst steht das Reinigen und Zerlegen.

    Eine schöne Aufgabe für die dunkle Jahreszeit, vor allem, wenn es so klappt wie ich mir das so vorstelle, ohne die Teile mal in der hand gehabt zu haben.

    Viel Erfolg

    Andreas

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