Gedanken + Experimente zur Fresnellinse (lang...)

  • Ich habe aus dem Mattscheiben-Thema https://forum.grossformatfotografie.de/viewtopic.php?t=2972 mal die letzen Bemerkungen zu Fresnellinsen herausgepickt. Findet dort sonst ja keiner... Es ging darum, dass das Licht vom Objektiv in den Ecken schräg auf die Mattscheibe fällt, man aber senkrecht auf diese schaut, also:

    Zitat von "der uli"

    Es braucht aber eine Richtungsänderung: in der Mitte Null und in den Ecken bis 60 Grad (bei Weitwinkeloptiken) oder auch bis 10 Grad (lange Brennweiten). Dann käme das Licht geradewegs zum Auge und hätte die maximale Helligkeit.
    Das Problem ist hier die Randhelligkeit: Licht, dass mit Winkeln zwischen 10 und 60 Grad von der Senkrechten ankommt, soll gleich hell und senkrecht zum Auge bzw. der Mattscheibenlupe wieder abgestrahlt werden. Soweit korrekt?

    Klassische Verbesserung ist hier der Einsatz einer Fresnellinse. In der Mitte lenkt sie gar nichts ab (richtig so) und am Rand biegt sie das Licht zur Mitte hin. Wie viel Ablenkung wäre richtig? Der Mittelwert der obigen Gradangaben wäre 35 Grad Ablenkung. Beim Weitwinkelobjektiv würden die Randstrahlen dann nur noch mit 25 Grad nach aussen laufen. Die vom Teleobjektiv würden 25 Grad zur Mitte umgelenkt. Letzteres halte ich für weniger schlimm, da man ja eher von der Mitte der Mattscheibe schräg nach aussen betrachtet und nicht umgekehrt. (Zumindest beim Lichtschacht an meiner Kamera geht es gar nicht anders.)
    Also ja, die Fresnellinse ist zu stark weniger schlimm als zu schwach.
    Rechnung am Rande - welche Brennweite hat die Fresnellinse dann? Kann man ja aus dem Ablenkwinkel am Rand und dem Durchmesser berechnen. Faustregel ist, wenn es die Normalbrennweite des Kameraformats wäre, ist der Ablenkwinkel etwa 45 Grad. Also etwas zu viel.

    Die Brennweite der Fresnellinse sollte also etwas länger als die Normalbrennweite sein.

    Zurück zum eigentlichen Thema dieses Threads. Diese Linse alleine würde zwar ein helles, gut betrachtbares Bild zeigen, aber noch keine Scharfstellung ermöglichen. Das Auge kann ja auf verschiedene Entfernungen fokussieren, je nach Alter von etwa 15 cm bis unendlich. Damit ist keine punktgenaue Einstellung des Kameraobjektivs möglich. Entweder braucht es a) einen Referenzpunkt, den man gleichzeitig mit dem Bild scharf sehen muss, oder b) man muss verhindern dass das Auge sich anpasst und die Ebene der Scharfstellung z.B. mit einer Mattscheibe festlegen.

    Zu a): Klarscheiben mit Fadenkreuz funktionieren so. Zum Probieren kann man ohne Mattscheibe mit der Lupe das Luftbild direkt betrachten. Es scheint sehr hell und immer scharf. Legt man nun einen Faden oder die Kante eines Tesafilms über die Auflagefläche der Lupe, so muss dieser *gleichzeitig* mit dem Bild scharf erscheinen - dann ist die Kamera scharfgestellt. Es ist aber schwierig, beim abwechselnden Anschauen des Bildes und des Fadens nicht die Augen anzupassen. Besserer Trick: leicht den Kopf hinter der Lupe hin- und herbewegen. Verschieben sich Bild und Faden nicht mehr gegeneinander, so ist auf diese Stelle scharf gestellt!
    Vielleicht könnte man ja die Rillen einer Fresnellinse so als Einstellhilfe verwenden? Das muss ich selber mal probieren.

    So, habe mal einige der Ideen aus o.g. Fresnel-Beitrag ausprobiert.

    Die normale Kamera-Mattscheibe war 13x18cm und auf der Einblickseite mit einer ziemlich fein strukturierten Fresnellinse. Die Normalbrennweite bei diesem Format ist 210mm. Ich habe auch 120mm Weitwinkel und 450mm Langbrennweite probiert.
    Als Fresnellinse habe ich eine „Blattlupe“ von ca. 27 cm Brennweite genommen, das ist billiges biegsames Plastik. Die Rillen darin sind unter der 7xMattscheibenlupe deutlich als schwarze Ringe zu sehen mit etwa 0,3 mm Abstand. (Die Rillen von der „Normal-Mattscheiben-Fresnellinse“ sind dagegen kaum zu erahnen.)

    Hier die Ergebnisse:

    Halte ich die Fresnellinse ohne Mattscheibe da hin, wo ich zuvor scharf gestellt habe, ist gar kein Bild mehr zu sehen. Sondern nur der helle Kreis der Objektivöffnung, durch den man natürlich einen Ausschnitt des Bildes sieht. Erst aus vielen Metern Entfernung ist das gesamte Bild zu überblicken! Dafür ist es aber deutlich heller als auf der Mattscheibe.
    Gehe ich nun mit der Einstellupe auf diese Fresnellinse ohne Mattscheibe, ist darin ein außerordentlich helles Bild zu sehen. Leider nur, wenn ich einigermaßen gerade in die Lupe sehe. Das Bild bleibt immer scharf, auch wenn ich ziemlich das Objektiv verschiebe! Bewege ich nun den Kopf ein paar Millimeter, verschieben sich -wie oben zitiert- die Rillen der Fresnellinse gegen das Bild. Mit der Fokussierung des Objektivs lässt sich erreichen, dass diese Verschiebung verschwindet. Das ist viel empfindlicher, als die Rillen und das Bild gleichzeitig scharf zu stellen. Mindestens genau so empfindlich wie das Fokussieren auf der Mattscheibe.
    Vielleicht sogar bequemer, weil ich auf der Mattscheibe immer ein paar mal über den Punkt bester Schärfe hinweg gehe und dann irgendwo in der Mitte bleibe. Man weiss da gar nicht, ob dies jetzt schon die optimale Schärfe ist oder ob es doch noch etwas besser geht. Bei der o.g. Methode reicht ein leichtes „Kopfschütteln“, um die exakte Schärfeebene zu sehen.
    Nachteil allerdings: man muss den Kopf quer zu den Rillen bewegen. Also oben und unten im Bild auf und ab, an den Seiten des Bildes nach rechts und links, in den Ecken diagonal. Da braucht man das Einstelltuch wohl doch noch - nicht mehr zur Abschattung, sondern um sich nicht lächerlich zu machen :smile:

    Bei der Gelegenheit habe ich noch mal die Helligkeit der Mattscheibe getestet. Diesmal mit der zusätzlichen Fresnellinse direkt unter der Mattscheibe. Also, ich gucke auf die Original-Fresnellinse, darunter ist die Mattscheibe, dann die zusätzliche Linse, dann gehts zum Objektiv.
    Bei der 120er und der 210er Brennweite wurde das Bild mit Zusatz-Linse subjektiv deutlich heller, besonders in den Ecken. Beim 450er Objektiv war kein Unterschied.
    Mit dem Belichtungsmesser direkt auf der Mattscheibe (und anderes Licht abgeschirmt) ist beim 120er und 210er kein Unterschied, beim 450er eine halbe Blende weniger!
    Früher hatte ich mal festgestellt, eine zweite Fresnellinse direkt über der ersten, also beide auf meiner Seite der Mattscheibe, macht das Bild dunkler.
    Das Ganze ist also abhängig von der richtigen Kombination, je nach Brennweite.

    Bleibt die schon öfter gestellte Frage, wie eine Fresnellinse auf der Objektivseite der Mattscheibe die Justierung zwischen Mattscheibe und Filmebene ändert. Natürlich hat sie eine Dicke, um die die Mattscheibe höher kommt, wenn die Linse darunter geklemmt wird. Aber vielleicht lässt sie sich auch auf die Mattscheibe auflegen und anders befestigen, so dass die Lage der Mattscheibe unverändert bleibt?
    Die Brechkraft der Fresnellinse spielt dann keine Rolle, wenn sie exakt in der Fokusebene des Objektivs liegt. Das heißt, für die Scharfstellung ist die Brechkraft egal. Nur außerhalb der scharf eingestellten Ebene könnte sich was ändern.

    Auf der Einblick-Seite der Mattscheibe ist die Fresnellinse keine Gefahr für die Justierung der Kamera. Dass sie auch dort die subjektive Helligkeit des Mattscheibenbildes ändert, ist klar, s.o.. Dazu sollte sie direkt auf der Mattscheibe aufliegen.

    Aber bei meinen Experimenten fiel mir noch was Schönes auf: nutze ich diese „Blattlupe“ bestimmungsgemäß etwa 10 cm von der Mattscheibe entfernt, so wird das Bild 1.) etwas größer und 2.) sehr viel einfacher aus der Nähe zu beobachten. Klar, das ist ja ihr ursprünglicher Einsatzzweck als Leselupe.
    Der Effekt ist wohl ähnlich wie diese Bino-Lupe, die es für Sinar gibt: das Bild ist beidäugig aus der Nähe bequem zu überblicken. Vielleicht sogar besser, weil man nicht auf eine bestimmte Kopfposition fixiert ist.
    Da kann ich allen, die nur schwer in der Nähe sehen können, zum Ausprobieren raten – solche Folienlupen kosten ja nur um die 5 Teuro!

    Grüsse

    -uli

  • Hallo, das das Bild nochmals besser zu betrachten ist, wenn man die Fresnellinse etwas abhebt, ist mir auch schon aufgefallen. Aber warum sollte man überhaupt die Fresnellinse zum Objektiv hin einsetzen, man fängt sich nur Nachteile ein, das Bild ist, wenn es dann auf der Scheibe ankommt durch die Fresnellinse unwiederbringlich aufgerastert, ist die Linse nach außen, entsteht das Bild ungestört auf der Mattscheibe.
    Der Sinn der Ringe ist ja lediglich Materialersparnis gegenüber einer herkömmlichen Sammellinse, die bei 13x18 cm schon einige Kilos wiegen müsste. Sehr schön sieht man das an Kameras aus der vor-Mikrofresnellinsenzeit, z.B Pentacon Six oder Exakta Varex, bei denen die Mattscheibe die Unterseite einer dicken Sammellinse ist, auch hier ist die helligkeitsverbessernde Linse dem Sucherokular zugewendet.
    Ob ich mal meine 13x18 Kondensorlinse an die Cambo schnalle ?
    Gruß Linhofklaus

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